Bericht zur Podiumsdiskussion "Unterwegs zum Endlager"
Am Mittwoch, 11. Februar 2015, fand im Technik-Salon Hannover die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Unterwegs zum Endlager“ statt. Die Veranstaltung war mit etwa 180 Teilnehmern sehr gut besucht.
Die Diskutanten auf dem Podium waren Vertreter aus Politik, Wissenschaft (ENTRIA), Industrie und Gesellschaft. Bei ihnen handelte es sich um
- Stefan Wenzel, Niedersächsischer Umweltminister
- Dr. Hannes Wimmer, Gesellschaft für Nuklear-Service mbH und Mitglied im ENTRIA-Beirat
- Martin Donat, Vorsitzender der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
- Prof. Dr. Armin Grunwald, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Mitglied der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe
- Prof. Dr. Harald Budelmann, TU Braunschweig
- Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig, ENTRIA-Sprecher, TU Clausthal
- Prof. Dr. Clemens Walther, stellvertretender ENTRIA-Sprecher, Universität Hannover
Die Veranstaltung wurde durch Herrn Eckhard Stasch moderiert.
Die Diskussion drehte sich um Probleme und Chancen bei der Suche nach einem Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle.
Dabei herrschte zwischen den anwesenden Wissenschaftlern und Martin Donat Uneinigkeit darüber, ob aktuell von einem Window of Opportunity („Gelegenheitsfenster“) gesprochen werden könnte. Für Herrn Donat stellt der angestoßene Prozess lediglich alten Wein in neuen Schläuchen dar, insbesondere weil Gorleben nicht vom zukünftigen Suchprozess ausgeschlossen wurde. Aufgrund der politischen Entscheidung für Gorleben in den 70er-Jahren, der gesellschaftlichen Konflikte und wissenschaftlicher Studien, die sich gegen die Eignung des Salzstockes aussprechen, sei dieser Standort als Option auszuschließen. Da Gorleben weiterhin als Option im Raum stünde, könne nicht von einer „weißen Landkarte“ die Rede sein.
Professor Röhlig betonte, dass mit dem Ausstiegsbeschluss die Möglichkeit entstanden sei, die Abfallproblematik unabhängig von der Kernenergiefrage anzugehen und die Aufgabe dadurch handhabbarer und eher lösbar geworden wäre. Das „window of opportunity“ bestünde auch darin, dass man jetzt die Chance habe, durch die Gestaltung eines flexiblen und lernfähigen Prozesses künftig die Logik solcher durch Wahltermine bestimmten „windows“ zu verlassen.
Diskutiert wurden auch der schlimmste anzunehmende Unfall bei der Endlagerung sowie dessen mögliche Folgen. In diesem Zusammenhang rief Herr Walther in Erinnerung, dass es eine natürliche Radioaktivität (Hintergrundstrahlung) gibt, somit jeder Mensch einer permanenten Strahlenbelastung ausgesetzt ist. Eine potentielle zusätzliche Dosis aufgrund von Radionuklidaustrag aus einem Endlager sollte immer in Relation hierzu betrachtet werden.
Die Rolle der Wissenschaft im Allgemeinen und von ENTRIA im Besonderen im Rahmen des Suchprozess nach einem Endlagerstandort wurde ebenfalls diskutiert. Dabei könnten die Wissenschaftler ihr Fachwissen einbringen aber nicht die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung erzeugen. Laut Herrn Grunwald wären dazu politische und gesellschaftliche Verhandlungen notwendig, da es sich bei der Frage um Akzeptanz um eine ethische Frage handelt. ENTRIA könne hier dennoch einen Mehrwert leisten, da in diesem Projekt erstmalig verschiedene, nicht nur rein naturwissenschaftliche Disziplinen zusammenarbeiten und gemeinsame Bewertungsgrundlagen entwickeln. Herr Walther wies auch darauf hin, dass sich die Zeiträume für die notwendigen Planungen und zu etablierenden Prozesse an der Aufgabenstellung orientieren müssten und nicht an Legislaturperioden.
Bei der Frage nach den zu untersuchenden Entsorgungsoptionen wurde auch diskutiert, warum eine Lagerung an bzw. nahe der Oberfläche in Betracht gezogen wird. Herr Budelmann führte dazu aus, dass aufgrund der zeitlichen Entwicklung im Hinblick auf die Zwischenlager eine solche Lösung zumindest interimsweise in Betracht gezogen werden müsste.
Weiterhin wurde die Eignung verschiedener Wirtsgesteine erörtert. Jedes Wirtsgestein (Kristallin, Ton, Salz) habe eigene Vor- und Nachteile. Herr Wenzel sieht Salz als Wirtsgestein aufgrund der Entwicklungen in der Asse allerdings diskreditiert.
In Zusammenhang mit der ebenfalls diskutierten Frage der finanziellen Verantwortlichkeiten und der diesbezüglichen Klagen der Energiekonzerne wies Herr Wimmer auf die Notwendigkeit der Wahrnehmung von Rechtspositionen sowie auf den hohen Anteil der öffentlichen Hand unter den Eigentümern der Firmen hin.
Abschließend und als Ergebnis der Podiumsdiskussion bleibt festzuhalten, dass das Thema Endlagerung auch in Zukunft Gegenstand der Forschung bleiben wird, dass diese Forschung aufgrund der Komplexität des Themas einen interdisziplinären Charakter haben und dass die Gesellschaft als Ganzes in den weiteren Suchprozess transparent eingebunden werden muss.